Für alle, die uns unterstützt und an uns während der Tage gedacht haben, wollen wir nun endlich über die Reise in das Waisenheim in Bila Tserkva berichten.
In der Nacht vor unserer Abfahrt haben wir bis nach Mitternacht die Geschenke verpackt und die vielen Sachen sortiert, die uns Gersdorfs noch mitgegeben hatten. In Neuendorf war noch in kurzer Zeit ein ganzes Auto voll Spenden zusammengekommen. Ein Sack mehr und wir hätten einen LKW organisieren müssen… ernsthaft wäre das allerdings ein Problem geworden, schon allein deshalb, weil ein Transport dieser Größenordnung als humanitärer Hilfsgütertransport mehrere Wochen bis Monate vorher beim ukrainischen Innenministerium hätte angemeldet werden müssen. Von den erforderlichen Zollpapieren ganz zu schweigen. Auch wenn wir später feststellen mussten, dass die ukrainischen Behörden bei der Einreise ganz besondere Papiere bevorzugen…
Wir brachen planmäßig am 03.01.2010 auf. Der befürchtete Schneefall blieb vorerst aus.
Die polnischen Autobahnen sind inzwischen gut ausgebaut und waren auch für unsere Maßstäbe problemlos befahrbar.
Die erste Nacht konnten wir dank Peggys freundlicher Unterstützung per couch-surfing bei einem netten polnischen Ehepaar kurz vor der ukrainischen Grenze verbringen. Es war auch für Maceij und seine Frau überraschend zu sehen, wie viele Menschen an einen einzigen Tisch passen. Sein Vater wird ihm das niemals glauben – nicht einmal mit Beweisfoto.
Der nächste Tag verlief aufgrund der schlechten Wetter- und Straßenverhältnisse in der Ukraine nicht ganz so glatt.
Aber zunächst hieß es warten an der Grenze.
Zollbeamte und Polizeibeamte hatten ein besonderes Auge auf Basti und Ric(c)i geworfen. Sie durften schon an der Passabfertigung Schmiergeld bezahlen.
Nachdem wir schon dachten, es war alles ganz einfach, wurden wir an der Grenzausgangskontrolle wieder zurück geschickt. Wir hatten keinen Zollstempel, waren aber trotzdem zum Ausgang geschickt worden. Das Grinsen des Grenzers ließ uns ahnen, dass das eigentliche Grenzspektakel jetzt erst los ging. Also wieder zurück an den Grenzposten.
Die Zöllner fanden schnell wonach sie suchten – Probleme. Zunächst in Gestalt des Trampolins, das in Kartons verpackt in Bastis Auto lag. “Aufmachen “ bedeuteten sie uns. Nein, nein, sie wollten keine Rechnung sehen.
Wir verstanden kein Wort. Sie konnten kein Englisch. Nur an den Mienen war zu lesen, dass es weitere “unlösbare” Schwierigkeiten geben würde. Als wir dann Ralphs Kofferraum öffnen mussten, der vollständig mit verpackten Geschenken beladen war, wurden die ukrainischen Anweisungen eindeutiger. “Alles auspacken!” war das Einzige was wir verstanden.
Wir wußten schon, worauf das Ganze hinauslief. Auspacken oder zahlen. 50 € pro Auto – das war dann der Preis. Die Übergabe der “Zollpapiere” fand unter vier Augen statt, die Quittung wurde uns wohl versehentlich nicht ausgehändigt…
Während wir in Polen insgesamt positiv von der Entwicklung des Landes überrascht waren, war die Grenze der EU deutlich zu spüren. Für die Jüngeren unter uns war schon diese postsozialistische Grenzkontrolle, gepaart mit Korruption, eine völlig neue Erfahrung.
Auf der ukrainischen Seite hatte es dann auch ein Ende mit geräumten Straßen, die Fahrrinne ergab sich von selbst durch Benutzung.
Leider hatte unser Navigationssystem nur eine sehr vage und nicht unbedingt richtige Vorstellung vom Straßennetz in der Ukraine, so dass wir uns mit der Karte weiterorientieren mussten. Die Suche nach einer nach 16.00 Uhr geöffneten Bank führte uns in das Stadtzentrum von Lviv (Lemberg), das sicher durchaus sehenswert gewesen wäre.
Während der rush-hour Stoßstange an Stoßstange zwischen Moskwitsch und Lada auf den von Schneematsch und Eis bedeckten Straßen von Lviv über aufgeworfene Straßenbahnschienen und fehlende Gullideckel durch das Stadtzentrum zu schlingern, das war schon eine Erfahrung.
So war es dann auch schon wieder Abend, bevor wir unsere eigentliche Tagesstrecke antraten.
Wir fuhren entgegen unserer Absicht nachts durch die Ukraine auf endlosen Straßen die teilweise bobbahnartig nur zwei vereiste Fahrrinnen aufwiesen
und pausierten auf verlassenen Tankstellen.
Um 4.00 Uhr morgens nach über 1500 km Fahrt fuhren wir dann endlich in die Stadt Bila Tserkva ein. Wir steuerten die Autos durch die nächtlich verwaisten und vereisten Straßen, die, wie schon in Lviv erlebt, keinen Winterdienst kennen.
Wir fuhren in ein kleines Dorf bei Bila Zerkva zu der Familie von Johanns Freunden Lena und Viktor und kamen völlig übermüdet um 4.30 Uhr an. Trotzdem sind wir von der ganzen Familie herzlich willkommen geheißen wurden. Auch die Eltern waren zu nachtschlafender Stunde mit aufgestanden. Wir bekamen eine Ahnung von echter Gastfreundschaft.
Am nächsten Tag erhielten wir dort auch unser letztes genießbares Frühstück (traditionelle Plini und Pelmeni), was wir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wussten.
Am frühen Nachmittag hatte uns Lena, unsere liebenswerte Dolmetscherin, dann im Kinderheim angekündigt. Die Direktorin hatte sich auch schon gefragt, wo wir denn blieben. Alle waren gespannt auf die Kinder, das Heim und die nächsten Tage .
Ich gratuliere ihre vorbildliche Aktion. Die Kinder haben sich bestimmt sehr gefreut, denn man sieht die Freude in Fotos.
liebe Grüße
Ramo
Kommentar von Ramo — 2. Februar 2010 @ 21:28